Als Urenkel des legendären LJ 80 blickt der Suzuki Jimny auf eine lange und sehr erfolgreiche Geschichte zurück, 50 Jahre Allradhistorie hat Suzuki mittlerweile zu verzeichnen, stolze 40 Jahre entfallen dabei auf den Jimny beziehungsweise den LJ 80, dem sogenannten „Eljot“. 1999 legte Suzuki sogar eine beliebte Cabrioversion mit Softtop nach, die wir in der Neuauflage leider jedoch nicht mehr vorfinden. Aktuell hat der japanische Automobilhersteller auch noch keine Sondermodelle in petto, erinnere ich mich beispielsweise an die „Rock am Ring“-Edition, die sich in der Vergangenheit größter Beliebtheit erfreute. Zum jetzigen Zeitpunkt hat der neue Suzuki Jimny all dies aber auch gar nicht nötig, sehe ich mir die großartigen Verkaufszahlen an. Und absolut zu Recht, hat der Suzuki Jimny das Zeug selbst die Sympathien sogenannter SUV-Hater zu wecken. Kann ich dem Suzuki Jimny abgesehen davon das Privileg zusprechen, noch ein echter Geländewagen zu sein. Nur eben, ein Miniatur-Geländewagen, der beim OFF ROAD AWARD 2019 übrigens gleich zweifach ausgezeichnet wurde. Robust, funktional, kompakt, offroad-kompetent, authentisch, bezahlbar, all diese Attribute zeichnen den Suzuki Jimny bis heute aus. Und dann diese Optik!
Denn neben der enormen Geländetauglichkeit liegt der größte Trumpf der Neuauflage ganz klar im Design. Kommt der Allrad-Klassiker unglaublich emotional, kantig und kultig daher. Retro und doch modern. Ich sehe im Suzuki Jimny eine geschrumpfte Version der G-Klasse, dem Offroad-Urgestein aus Stuttgart, setzt auch der Jimny auf diese kantige rechteckige Form. 3,65 Meter lang und 1,65 Meter breit ist die japanische Miniaturvariante jedoch nicht nur über einen Meter kürzer und fast 30 Zentimeter schmaler als der G, er wirkt auch sonst nicht 1:1 abgekupfert. Im Gegenteil, der Suzuki Jimny präsentiert sich absolut eigenständig und dennoch fühle ich mich an die G-Klasse erinnert. Was aber nur positiv zu bewerten ist. Der Hersteller selbst sieht die optischen Anleihen im Urahn Suzuki LJ10, was natürlich richtig ist, doch hättest Du den LJ10 im Kopf gehabt?
Ich Danke Suzuki für den Mut, sich bewusst vom teils überzeichneten, übermodernen oder gar verweichlichten Design der heutigen Crossover bzw. SUV-Modellen distanziert zu haben. Somit ist der Jimny nicht nur in seiner Klasse einzigartig, apropos, direkte Mitbewerber gibt es ohnehin nicht.
Ich hatte zunächst auf die Farbe Kinetic Yellow gehofft und muss sagen, wie froh ich über die Entscheidung von Suzuki war, meinen Testwagen in Chiffon Ivory Metallic zu lackieren. Der Jimny sieht zwar unglaublich gut aus in dem Gelb, doch zugegeben, so ist der Jimny ja sehr häufig auf unseren Straßen zu sehen und mein Chiffon Ivory hat mich noch viel mehr wie ein Abenteurer fühlen lassen, bereit für den Wald, bereit für die Wüste oder den Steinbruch, was auch kommen mag.
Der Suzuki Jimny steht im Grunde in allen angebotenen Farben unglaublich stylisch dar. Mit dem Adventure-Zubehör-Angebot den Frontgrill, die Seitenschweller und den Unterfahrschutz betreffend sogar noch eine Spur mehr, diese Features würde ich wiederum bei der Version in Kinetic Yellow in Betracht ziehen.
Abgedunkelte hintere Fensterscheiben sind immer Serie, wie die schwarz lackierten Außenspiegel, die 15-Zoll-Alufelgen oder die praktischen Details. Seien es die Ablaufrinnen an den Dächrändern oder die markanten Schutzplanken rundum.
Die erwähnten Dachrinnen wünschte ich mir auch beim Jeep Wrangler, öffne ich hier bei Regen die Tür, läuft mir das Wasser nur so ins Auto und leider auch auf mich und den Sitz. Der Suzuki Jimny weiß dies zu verhindern und orientiert sich hier auch eher an der G-Klasse. Auch in diesem Punkt erweist sich diese Entscheidung als absolut gut.
Robust und kantig, nimmt mich dieser urige Charme auch im Innenraum für sich ein und so gibt der Suzuki Jimny ein sehr gelungenes Gesamtbild ab. Zwar wurde reichlich Hartplastik verbaut, doch auch das kann mir hier nicht negativ aufstoßen, es passt einfach. Weniger passen wird Großgewachsenen dagegen die Rückbank, doch ehrlich gesagt, bei diesen Abmessungen darf man auch kein Raumwunder erwarten. Das gilt auch für den Kofferraum. Gibt dieser mit 85 Liter zunächst nicht viel Raum her.
Die Lehnen der Rücksitze sind aber rasch umgelegt (im Verhältnis 50:50) und das Ladevolumen auf 377 Liter bzw. 830 Liter bei dachhoher Beladung vergrößert. Da sowohl die Rückseiten der Fondlehnen wie auch der Gepäckraum mit Kunststoff verkleidet sind und Suzuki serienmäßig eine Laderaumbox verbaut, beweist der Suzuki Jimny auch hier seine Allround-Talente und lässt sich leicht von Schmutz befreien.
Darüber hinaus hält der Zubehörkatalog noch einige praktische Features bereit, vom Gepäckraumtrenngitter, Laderaumwannen, Laderaumauskleidungen, Ladekantenschutz, einen Fahrradheckträger, einen Grundträger fürs Dach sowie verschiedene Module dafür. Außerdem hat Suzuki eine Anhängerkupplung oder sogar ein Zelt für den Anbau am Heck in petto.
Ich habe während meiner Testzeit die Rückbank von vorne herein umgelegt gelassen und den Jimny als Zweisitzer genutzt, perfekt.
Denn mit meinen 1.80 Meter habe ich mich vorn absolut wohl gefühlt. Aufs Wesentliche reduziert, wunderbar aufgeräumt und ohne diesen Hightech-Overload, wirkt der kleinste Offroader sehr bodenständig und ist über große Schalter und Drehregler wunderbar einfach zu bedienen und bietet mir aber dennoch solch moderne Annehmlichkeiten wie einen Touchscreen inklusive Smartphone-Integration und Navigationssystem. Diesen haben die Verantwortlichen übrigens sehr gut integriert, wirkt dieser keineswegs wie ein Fremdkörper. Dies gilt im Grunde auch für den LCD-Bildschirm, zu finden zwischen den beiden Elementen der analogen gut ablesbaren Instrumenteneinheit.
Ein Geländegänger durch und durch und auch in diesem Punkt kann die Brücke zum großen G geschlagen werden, verfügen beide Offroader über einen stabilen Leiterrahmen, zuschaltbaren Allradantrieb und eine Geländeuntersetzung. Hinzu kommen die steife Radaufhängung mit Starrachsen und Panhardstab vorne und hinten, zusätzliche Verstrebungen und ein neuer Lenkungsdämpfer in der vorderen Radaufhängung, ein neuer X-Träger und zwei zusätzliche Querträger.
Wie klein der Jimny für einen Offroader auch sein mag, er verfügt über eine Bodenfreiheit von 210 Millimeter, einen Böschungswinkel vorn von 36 Grad, einen Rampenwinkel von 27 Grad und einen Böschungswinkel hinten von 48 Grad.
Ganz alte Schule wird der zuschaltbare Suzuki Allradantrieb ALLGRIP PRO über einen zweiten kleinen Schalthebel betätigt, und ich kann ohne große Mühe zwischen Zweirad- und Allradantrieb, sprich 2H und 4H, wechseln oder bei Bedarf die Untersetzung 4L zuschalten. Hierzu muss ich im Leerlauf den Hebel nach unten drücken und gleichzeitig nach hinten ziehen. Die ebenfalls serienmäßige Bergan- und -abfahrhilfe lassen sich wiederum durch längeres Treten des Bremspedals aktivieren.
Über den Haltegriff vor dem Beifahrersitz freut sich Dein Co-Pilot in jedem Fall. Denn der Suzuki Jimny kraxelt die Berge so eindrucksvoll hoch und runter, meistert Passagen über Stock und Stein, durch Pfützen, Matsch und durchs Unterholz, da schüttelt es einen gerne mal durch. Und während die G-Klasse im Gelände natürlich nicht weniger souverän ist, so spielt der Jimny in der ein oder anderen Situation seinen Größen- und Gewichtsvorteil aus. Kommt der Suzuki auch da noch durch, wo eine dicke, schwere G-Klasse kapitulieren müsste. Von drohenden Schäden am teuren Blechkleid will ich jetzt gar nicht anfangen.
Dieser unglaubliche Fahrspaß im Gelände verliert sich leider auf der asphaltierten Straße, denn was das Fahrwerk hier an Komfort und sportlichen Qualitäten vermissen lässt, mangelt es der Lenkung an Gefühl und Direktheit. Aber ich muss wirklich sagen, auch hier schafft es der Suzuki Jimny mich um den Finger zu wickeln und ich nehme ihm diese Schwächen nicht übel, fühle ich mich dennoch einfach pudelwohl.
In der Stadt sowieso, super handlich, wunderbar übersichtlich, finde ich auch rasch Platz in der kleinsten Lücke, Parkplatzprobleme kommen hier nicht auf und dann diese Wendigkeit, herrlich.
Im Wald und im Großstadtdschungel fühlt man sich mit dem Jimny einfach hervorragend aufgehoben, erst auf der Landstraße machen sich die Fahrwerksschwächen bemerkbar, doch entschleunigt konnte mir der kleine Geländegänger auch hier nicht mehr negativ aufstoßen. Und Autobahnpassagen habe ich einfach versucht zu meiden.
Während im Vorgänger noch ein 1,3-Liter-Aggregat zum Einsatz kam, packt Suzuki unter die Haube des jetzigen Jimny ausschließlich einen 1,5-Liter-Benzinmotor der auf 75 kW, sprich 102 PS kommt. Der Vierzylinder entwickelt ein maximales Drehmoment von 130 Nm bei 4.000 U/min.
Zugegeben, ich hätte in der neuen Generation durchaus ein modernes Dreizylinder-Turbomotörchen erwartet, aber so nehme ich eben mit dem rauen Gesellen Vorlieb. Der Vortrieb ist ausreichend, aber besonders flott wird er nie, aber beim Jimny ist das auch nicht von großer Bedeutung, so verzichtet selbst Suzuki darauf einen Messwert von 0 auf 100 km/h zu nennen.
Beim Blick auf den Schalthebel wirft es mich Jahrzehnte zurück, verbaut Suzuki im Jimny tatsächlich einen antiken langen Schalthebel, eingebettet in einen Faltbalg. Zu cool. Das Schaltgetriebe ist Serie, alternativ hätten die Japaner für 1.200 Euro Aufpreis auch ein Automatikgetriebe im Angebot, das sich mit seinen vier Gängen aber ebenfalls eher altmodisch präsentiert.
So hakelig wie zu damaligen Zeit lässt sich der Fünfgang-Handschalter zum Glück nicht schalten, aber dennoch reicht das Getriebe in punkto Führung nicht an moderne Fahrzeuge heran. Aber auch diese Schwäche kann ich dem Suzuki Jimny verzeihen. In der Stadt und im Gelände vermisse ich einen sechsten Gang natürlich nicht, doch schon auf der Landstraße hätte ich gerne einen Gang höher geschaltet und auf der Autobahn sowieso, können die hohen Drehzahlen einem akustisch doch wirklich aufstoßen. Aber diese Fahrten habe ich ohnehin tunlichst vermieden, fühlt er sich hier einfach nicht gut aufgehoben. Maximal wären 145 Stundenkilometer möglich, aber da lässt man es gerne ruhiger eingehen, wenn die Autobahn wirklich unumgänglich war, setzte ich meist den Tempomat bei 120 km/h und dreht das Radio etwas lauter.
Weniger Schönreden kann ich dagegen den Verbrauch. 7 ½ bis 8 Liter im Schnitt sind für einen Kleinwagen einfach zu viel, in der Stadt konnte ich den Verbrauch um einen Liter reduzieren, auf der Autobahn wären es gut und gerne auch mal zehn Liter. Den CO₂-Ausstoß gibt Suzuki mit 154 g/km an, wer sich für die Automatikvariante entscheidet, muss 170 g/km in Kauf nehmen.
So „reduziert“ wie der Suzuki Jimny auch sein mag, in punkto Sicherheitsausstattung kannst Du Dich als Fahrer des kleinsten Offroaders auf unterschiedliche Systeme verlassen, die aktive Bremsunterstützung beispielsweise warnt Dich vor einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern, darunter auch Fußgänger, und das sowohl optisch wie auch akustisch. Bei einer ausbleibenden Reaktion wird das Fahrzeug automatisch abgebremst. Ein Aufprall kann somit eventuell verhindert, aber in jedem die Unfallschwere verringert werden.
Eine Müdigkeitserkennung, ein Spurhaltewarnsystem und ein Fernlichtassistent sind ebenfalls in allen Suzuki Jimny verbaut. Das gilt auch für die Verkehrszeichenerkennung, die mir aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote zuverlässig angezeigt hat.
Zugegeben, der Suzuki Jimny ist nicht perfekt, EGAL. Denn mit seiner unglaublich ansprechenden Optik und den eindrucksvollen Geländefähigkeiten sucht der Kleine seinesgleichen, er hat mein Herz einfach im Sturm erobert. Man muss ihn doch einfach lieben.
Um die Objektivität nicht völlig außer Acht zu lassen, gilt meine Aufmerksamkeit abschließend den Preisen. Marktstart feierte die Neuauflage im Oktober 2018 und zwar zu Preisen ab 17.915 Euro. Werfe ich heute einen Blick in die Preisliste, staune ich nicht schlecht, werden zum jetzigen Zeitpunkt satte 20.900 Euro fällig. Doch Suzuki hat nicht unverschämt aufgeschlagen, sie haben lediglich die Basisvariante gestrichen. Die mangelnde Nachfrage dürfte an dieser Stelle Begründung genug sein.
Somit gibt es den Suzuki Jimny nun nur noch in der Ausstattungslinie Comfort+, die mit einer Klimaautomatik, einem Audiosystem mit Smartphone-Anbindung und Navigationssystem, Digitalradio (DAB) und Lenkradbedientasten, elektrischen Fensterheber vorn, einem Tempomat mit Geschwindigkeitsbegrenzer, Sitzheizung vorn, einem höhenverstellbaren Lederlenkrad, einer Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, elektrisch einstell- und beheizbaren Außenspiegel, Lichtsensor und Nebelscheinwerfer, einer Laderaumbox, LED-Scheinwerfern mit automatischer Leuchtweitenregulierung und Scheinwerferreinigungsanlage und noch einigem mehr aufwarten kann.
Nochmals den Vergleich mit der G-Klasse anzustellen, kann ich mir in diesem Kapitel erfreulicherweise verkneifen, hier trennen die beiden Welten.
Stand: Januar 2020; Test und Fotos: CARWALK – Der Autoblog; Innenraumbild: Suzuki
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