Das Segment der Mittelklasse liegt unbestritten in der Hand der deutschen Premium-Mitbewerber. Der neue Jaguar XE möchte aber nun Mercedes, BMW und Audi ordentlich aufmischen und setzt nahezu in allen Punkten auf Einzigartigkeit und dieses besondere Jaguar-Flair. Als erstes und einziges Fahrzeug in seinem Segment weitgehend aus Aluminium gefertigt, trifft die Leichtbaukonstruktion auf ein aufregendes Design, ein charakteristisches Interieur, eine hervorragende Performance und ein abwechslungsreiches Motorenportfolio, das einerseits mit Leistung aber auf der anderen Seite auch mit Verbrauchswerten von 3,8 Litern und einem CO2-Ausstoß von gerade einmal 99 g/km glänzen kann.
Was die Front anbelangt, ist die Familienzugehörigkeit zum XF und dem XJ nicht zu übersehen. Stilvoll, elegant und rassig zugleich ist das Blechkleid ein absoluter Augenschmaus.
Einzig am Heck ist der Jaguar nicht gleich als solcher zu identifizieren, wenn auch die Rückleuchten im Stil des F-Type gehalten sein sollen, so erinnern sie mich vielmehr an die eines anderen Premium-Anbieters. Geschenkt.
Im Innenraum überzeugt der Jaguar XF mit absoluter Eigenständigkeit. Die Interieurgestaltung differiert dabei betreffend der Stoffe, dem Leder und den Dekoreinlagen je nach gewählter Ausstattung. Exklusivität und Hochwertigkeit haben jedoch alle gemein, ebenso die von der Mitte der Frontscheibe bis in die Türen durchziehende und von Jaguar – aufgrund der Parallelen zu den Kommandobrücken italienischer Riva-Boote – genannte „Riva Spange“.
Ebenso aus dem Flaggschiff XJ und auch anderen Jaguar-Modellen her bekannt, ist der Jaguar Drive Selector (in Verbindung mit der Achtstufen-Automatik verbaut), der beim Anlassen des Motors aus seiner Ruheposition in der Mittelkonsole empor fährt.
Oder aber die Dual-View Technologie, die nun auch dem Beifahrer im XE ermöglicht, sich über den acht Zoll großen Touchscreen eine DVD anzusehen, während der Fahrer beispielsweise auf die Karte des Navigationssystems blickt – und das alles natürlich während der Fahrt.
Mit dem InControl Infotainment-System sind die Passagiere zum einen mit der Außenwelt connected und können diverse Funktionen intuitiv per Touchscreen oder aber einfach per Spracheingabe ansteuern und außerdem mittels der Jaguar InControl Apps auf verschiedene Apps ihres Smartphones zugreifen. Wenn gewünscht kann das Fahrzeug sogar als WLAN Hotspot genutzt werden, während sich Besitzer von iOS als auch Android Geräten per Jaguar InControl Remote unabhängig von ihrem jeweiligen Standort mit dem Jaguar XE verbinden und diverse Fahrzeugfunktionen steuern oder abfragen können.
Achtung Langfinger, dank Incontrol Secure kann der XE im Falle eines Diebstahls in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden lokalisiert werden.
Ein weiteres technisches Highlight führt Jaguar mit dem Laser Head-up-Display ein. Kompakter und leichter als herkömmliche LED-Lösungen, ist auch die Darstellung deutlich schärfer und auch bei starker Sonneneinstrahlung noch problemlos abzulesen.
Je nach Ausstattung und geordertem Extra sind die vielfach verstellbaren Sitze sowohl beheiz- wie auch kühlbar. Und auch im Fond nehme ich, wenn gewünscht, auf wohlig warmen Sitzen Platz. Die Raumverhältnisse sind ganz auf Klassenniveau, Insassen jenseits der 1,85 Meter stoßen jedoch zunehmend an ihre Grenzen.
Eine Kombivariante ist laut Jaguar derzeit nicht in Planung, dennoch zeigt sich die Limousine mit einer im Verhältnis 40:20:40 geteilt umklappbaren Rückbank inklusive Durchreiche ungewohnt flexibel. Mit einem Kofferraumvolumen von 455 Litern und der schmalen Ladeöffnung erweist sich der XE im Bereich Ladung aber letztlich doch als etwas eingeschränkt.
Mit der neuen und modular aufgebauten Fahrzeug-Architektur, zu 75 Prozent aus Aluminium-Werkstoffen bestehend, kommt der Jaguar XE auf ein Rohgewicht von gerade einmal 342 kg. Sei es die Vorderachse an doppelten Querlenkern oder die Integral-Hinterachse, sie bestehen ebenfalls aus Aluminium.
Besonders überraschen konnte der Jaguar XE mit seiner Performance auf der Rennstrecke. Solch eine Fahrdynamik, solch ein sicheres und präzises Handling (nicht zuletzt dank der elektromechanischen und geschwindigkeitsabhängigen Servolenkung), solch enorme Kurvengeschwindigkeiten hätte ich von einem hinterradangetriebenen Mittelklasse-Wagen nun wirklich nicht erwartet. Die Torque Vectoring by braking-Funktion wirkt hier durch ein leichtes Abbremsen der kurveninneren Räder einem Untersteuern entgegen. Und so nennt Jaguar ihren XE zu recht Sportlimousine.
Neben einem Sportmodus und einem Fahrprogramm für Eis und Schnee, kann Jaguar bei den Automatikversionen aber auch die Neuheit „All Surface Progress Control“ vorweisen. Das elektronisch gesteuerte System ASPC arbeitet wie eine auf niedrige Geschwindigkeiten eingestellte Cruise Control, baut beispielsweise im Winter oder bei rutschigen Straßenverhältnissen zwischen 3,6 und 30 km/h vollautomatisch und ohne Durchdrehen der Räder maximale Traktion auf, ein Pedaltritt vom Fahrer ist dabei nicht notwendig.
Beim Parken erkennen entsprechende Assistenten nicht nur die passende Lücke, sondern übernehmen sowohl beim Ein- als auch beim Ausparken, ob in parallel oder quer zur Fahrbahn liegenden Buchten, das Lenkmanöver. Brems- und Gaspedal müssen hier wiederum vom Fahrzeuglenker betätigt werden.
Die Auswahl an Vier- und Sechszylinder-Motoren dürfte für jeden das Richtige bereithalten.
Auf Seiten der Ottomotoren deckt Jaguar ein Leistungsspektrum von 200 bis 340 PS ab, dazwischen rangiert der 176 kW (240 PS) starke 25t. Natürlich ist die Topmotorisierung sehr reizvoll, kommt der aus dem F-Type stammende 3,0 Liter V6-Kompressor auf 250 kW und ein Drehmoment von 450 Nm, beschleunigt den Jaguar XE S in 5,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht elektronisch begrenzte 250 Stundenkilometer.
Doch besonders interessant sind in diesem Segment die komplett neu entwickelten Vierzylinder-Diesel, die es auf 163 und 180 PS bringen. Die beiden Leistungsstufen des 2,0 Liter Diesel liegen preislich gleich auf, was natürlich verwundert, unabhängig davon sichert sich die 12 kW / 17 PS und 50 Newtonmeter schwächere Variante aber den Titel „sparsamster Jaguar der Unternehmensgeschichte“ und begnügt sich in Verbindung mit dem Handschalter, dem Jaguar Intelligent Stop/Start-System und Smart Regenerative Charging laut Werksangaben mit gerade einmal 3,8 Litern Diesel auf 100 Kilometer und stößt lediglich 99 g/km CO2 aus.
Der E-Performance mit 120 kW / 163 PS wie auch der 132 kW / 180 PS starke 20d ist wahlweise auch mit einem Automatikgetriebe erhältlich. Wobei in meinen Augen die Investition von 2.500 Euro für die Achtstufen-Automatik natürlich kein Schnäppchen, aber durchaus lohnenswert ist. Nicht, dass der Handschalter zu bemäkeln wäre, doch das Getriebe von ZF verrichtet seine Arbeit so fein und passend, dass man nicht mehr darauf verzichten möchte. Zudem steigen die Verbrauchswerte nur minimal um 0,3 Liter, dies entspricht wiederum 7 g CO2. Beim 20d liegen die Werte laut Hersteller sogar gleich auf.
Die übrigen Motoren sind ausschließlich an die optimierte Automatik gekoppelt, im Top-Modell lassen sich die Gänge zusätzlich auch über Lenkradschaltwippen wechseln.
Mit dem Jaguar XE präsentieren die Briten weltweit erstmals eingesetzte Technologien, darunter die bereits erwähnte All Surface Progress Control, die natürlich auch unter dem Punkt Sicherheit ihre Erwähnung finden muss.
Darüber hinaus hat Jaguar die Stereo Video-Kamera in petto. Diese ermöglicht eine 3D-Darstellung und übernimmt sozusagen die Funktion der „Augen“ für den autonomen Notbremsassistenten und das Verkehrszeichen-Erkennungssystem.
Einen Spurhalteassistenten (Lane Departure Assist), eine adaptive Geschwindigkeitsregelung ACC (Adaptive Cruise Control) sowie die Close Vehicle Sensing (CVS) hat die neue Sportlimousine ebenfalls im Angebot.
Hinter dem Kürzel CVS verbirgt sich eine seitliche Rückfahrüberwachung die den 360 Grad-Tote Winkel-Assistenten ergänzt. Dabei warnt Letzterer nicht nur vor Fahrzeugen die sich im toten Winkel befinden, sondern alarmiert mich mit einem blinkenden Symbol auch vor schnell herannahenden Fahrzeugen. Eine potentielle Gefahr, die viele Fahrer leider oft unterschätzen oder völlig missachten.
Fünf Ausstattungsvarianten stehen dem Interessenten zur Wahl, schon das Einstiegsmodell „Pure“ ab 36.500 Euro kann mit zahlreichen Features aufwarten. Prestige (ab 38.750 Euro) und Portfolio (ab 41.300 Euro) folgen, wobei Letzterer mit Windsor-Ledersitzen und einem zweifarbig abgesetzten Cockpit sowie darauf farblich abgestimmten doppelten Kontrastnähten (in Wagenfarbe) und Aluminium-Applikationen mit einem reliefartigen Oberflächenfinish schon optisch auf die „luxuriöse“ Variante schließen lassen.
Das Niveau „R-Sport“ – zwischen 39.700 und 43.650 Euro ebenfalls mit allen Motorvarianten kombinierbar – setzt dagegen auf Sportsitze, die auf Wunsch auch im Kontrastton Jet/Red erhältlich sind, lasergravierte Aluminiumelemente und ein Sportlenkrad.
Während die Variante „S“ sogar noch eine Portion Motorsport drauflegt. Wenn auch nur in Kombination mit dem 340 PS starken V6 Kompressor-Motor erhältlich, hebt sich das 54.600 Euro teure Top-Modell auch äußerlich nochmals von den anderen Versionen ab.
Betreffend der Garantieleistung macht der Hersteller keine Unterschiede zwischen den einzelnen Ausstattungsversionen und gibt somit stets drei Jahre bei unbegrenzter Kilometerleistung auf den Jaguar XE und legt bis 60.000 Kilometer auch noch alle Inspektionen kostenlos obendrauf.
Weitere Bilder (zum Vergrößern bitte anklicken):
Stand: August 2015; Test und Fotos: CARWALK
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