Auch wenn die von mir gefahrene Giulia eher einen kleinen Motor hatte und an der ein oder anderen Stelle gespart wurde, die rassige Italienerin ist wunderschön und das aus jedem Blickwinkel. Innen ist sie schick gemacht, ich saß prima und sobald ich gefahren bin – vor allem auf der Einstellung D des DNA-Fahrwerks, war ich einfach nur begeistert. Wo andere schon lange das Handtuch werfen zieht die Giulia unbeeindruckt und souverän ihre Bahn. Und auch die Leistung des „nur“ 150 PS starken Diesels übertraf meine Erwartungen und er zeigt sich zudem auch noch kultiviert und sparsam, auch wenn ich die Werksangaben nicht ganz erreicht habe.
Die Giulia von Alfa Romeo ist optisch absolut gelungen: dynamisch, sinnlich einfach schön und so hebt sie sich wohltuend aus der Masse ab. Und dabei kommt die rassige Italienerin ohne jeden Schnickschnack aus, keine Verlegenheitszierleiste, keine unnötige Sicke stören die makellose Optik. Einfach zum Niederknien …
… und gerade von hier unten kommen ihre sanften Schwünge besonders gut zur Geltung. Die rassigen Augen, pardon Scheinwerfer lassen sie zugleich ein wenig „böse“ in der Welt blicken, einzig der große alfatypische Kühler ist mit einer breiten Chromleiste in matt verziert, die die Dynamik noch mehr betont. Tief reicht die Frontschürze nach unten, wie zum Sprung bereit duckt sich die Giulia auf den Asphalt – mehr Sportwagen denn Limousine.
Kraft- und schwungvoll verlaufen die Linien vom V-Kühler (Alfa spricht vom Scudetto) über die mächtige Motorhaube ins geschwungene Dach und die Seitenansicht, auch hier stört keine Sicke die dezent muskulösen Flanken, nur die Seitenschweller heben sich ab.
Richtig was her macht dann auch das Heck, die hinteren Kotflügel machen dicke Backen, bullig und breit steht die Giulia da, das Heck wird recht hoch, auch wenn das die Sicht nach hinten etwas einschränkt, die Heckschürze betont nochmals die Breite – leider hat der von mir gefahrene „kleinere“ Diesel nur einen dicken Auspuff im angedeuteten Diffusor.
Schon der Einstieg bestätigt dann wieder, dass die Giulia mehr Anmutung eines Sportwagens denn einer schnöden Limousine besitzt. Hat man genügend Platz um die Tür richtig auf zu machen, kommt man ganz bequem rein, es geht jedoch richtig tief runter und dann empfängt Dich ein sportlich dynamisch gestyltes Cockpit und durchaus sportliche Sitze, auch wenn ich hier noch etwas mehr Sportlichkeit und vor allem Leder, am bestem in Rot, erwartet hätte, aber auch das ist der Ausstattungsversion geschuldet. Es gibt aber als Extra alles was man sich so wünscht.
Nach dem Einstieg pulsiert ein Licht hinter den Zeigern von Tacho und Drehzahlmesser, wenn ich den Startknopf drücke, gehen nicht nur die Lichter an, die Zeiger fahren – wieder ganz Sportwagen und hier passt das einfach – erst ganz nach oben und kehren dann in die Grundstellung zurück.
Im Display in der Mitte erscheint das Alfa-Logo in Schattierungen und wischt sich dann so langsam bis hin zum endgültigen Logo in Farbe. Es geht zwar tief runter, doch der Platz vorne
ist sehr gut, da fehlt höchstens noch ein schwarzes Dach – gibt es auch als Extra. Auch das Raus gelingt gut, vorausgesetzt die eigenen Knochen geben noch so viel Fitness her. Außerdem will ich gar nicht mehr raus. Okay, vor dem Vergnügen erst noch sehen was es hinten gibt.
1,80 m hinter einem 1,80 m großen Fahrer geht gut, nur für große Füße ist es an der B-Säule und der Türverkleidung etwas eng, das Sitzen ist dann aber okay, es ist noch Luft an den Knien und auch im Kopfraum, allerdings ist der Dachholm recht nahe am Kopf. Der Mittelsitz ist schon allein durch den großen Mitteltunnel nur eine Notlösung und auch recht hart und unbequem, dagegen sind die beiden Außensitze schön ausgeformt und bequem. Die Kopfstützen können nur ein kurzes Stück ausgefahren werden, dann ist da auch schon das Dach – ein kleiner Tribut, den man an die schicke Optik mit dem schwungvoll abfallenden Dach zahlen muss.
Bevor ich wieder hinters Steuer rutsche, schnell noch ein Blick in Richtung Kofferraum – obwohl, wen interessiert bei einem Sportwagen der Kofferraum?
Die Heckklappe schwingt zwar weit hoch, aber bedingt durch die Bauart ist die Öffnung recht klein, eine Getränkekiste passt aber noch gut durch. Der Kofferraum selbst ist dann richtig groß und auch weitgehend glattflächig, unter dem soliden Boden ist nochmal ein Styroporblock mit Verbandskasten etc., die Radkästen ragen ein wenig in den Laderaum hinein und so passen 480 Liter Gepäck rein, lege ich die Rücksitze um … ja, wenn ich nur wüsste wie, da muss ich doch glatt einen Blick in die Bedienungsanleitung werfen – aber bei meinem Testwagen kann man sie gar nicht umlegen. Typisch Sportwagen. Und Du ahnst es vielleicht schon: umlegbare Rücksitzlehnen gibt es als Option. Dazu passen auch die 50 kg Dachlast, die maximale Zuladung beträgt 500 kg.
Also schnell wieder nach vorne, ich will endlich fahren. Das dicke, bestens ausgeformte und unten abgeflachte Lederlenkrad liegt super in der Hand, die in mattem Silbergrau gehaltenen Schaltpaddels sind schön lang damit man sie stets optimal erreicht.
Alles ist dort wo ich es erwarte, die Bedienung bis hin zum Navi wirft keinerlei Fragen auf, ich habe mich auf Anhieb wohl gefühlt. In der von mir gefahrenen Variante hat man aber wohl doch versucht etwas zu sparen, so sind die Gurte vorn nicht höhenverstellbar, es gibt keine Nebellampen und auf der Fahrerseite keinen Make-up-Spiegel in der Sonnenblende. Auch habe ich einen automatisch abblendenden Innenspiegel oder eine Sitzheizung vermisst. Die Aufpreisliste sorgt aber immer für Abhilfe.
Gehörst Du zu denen, die von Alfa bisher nur gehört haben, dass die Fahrzeuge anfällig für Störungen sind oder schlecht verarbeitet wären?! Dann hast Du wohl schon länger nichts mehr von der Marke gehört. Denn nicht nur mein Testwagen zeigte sich gut verarbeitet, innen wie außen und Geschmack hin oder her, die Giulia sieht einfach toll aus. Und wem das noch nicht reicht, der muss sie einfach mal fahren.
Schon in der Normalstellung des DNA-Fahrwerks gibt sie sich ausgewogen, komfortabel und zugleich richtig sportlich, bügelt die meisten Fahrbahnunebenheiten gut weg. Spätestens wenn ich dann auf „D“ wechsel, fährt sie dermaßen geil, dass ich alles andere um mich herum vergesse. Dort wo andere längst das Handtuch werfen geht die Giulia mit einer Lässigkeit und hervorragenden Performance um die Kurven, dass es eine Freude ist, ich fahre mich förmlich in einen Rausch … und das, obwohl es sich bei dem 150 PS Diesel wenn auch nicht gerade um das Einstiegsmodell so aber doch um eine der kleineren Motorisierungen handelt. Wie geil muss sie erst sein, wenn sie richtig Bumms unter der Haube hat? Das konnte ich mit dem 510 PS starken Quadrifoglio bereits erfahren…
Dass es sich bei meinem Testwagen um einen Diesel handelt hört man allenfalls draußen, wo der Vierzylinder zwar ganz schön vor sich hin tuckert – ohne aber störend zu wirken – innen ist davon nichts zu hören, er bleibt leise in jeder Lebenslage. So präsentiert sich die Giulia als sehr angenehmer Reisewagen, auch auf der Autobahn bei Tempo 130 liegt er auch auf „N“ nicht nur ganz ruhig, es sind auch noch keine Windgeräusche zu hören. Ich wechsle schon mal auf „D“ und der Alfa liegt deutlich straffer und die Lenkung ist direkter – ich habe ein sehr sicheres Gefühl.
Freie Bahn, also mehr Gas geben. Bei 160 kommen erste Windgeräusche von der A-Säule her, die Giulia liegt sehr ruhig und hängt noch immer sehr gut am Gas. Vollgas, sie zieht wunderbar hoch, Tempo 220 und die Straßenlage ist ausgezeichnet, Wind- und Abrollgeräusche werden jetzt aber lauter.
Wieder runter von der Autobahn und rauf auf die Teststrecke, schon unter „N“ folgt er im Slalomtest willig der Lenkung die geht leichtfüßig um die Pylonen, das Fahrzeugheck schwingt leicht mit, die Karosserieneigungen sind gering. Dann unter „D“ geht die Lenkung wesentlich strenger und die Giulia reagiert deutlich direkter, spontaner, die Karosserieneigung ist nahezu eliminiert, es geht jetzt richtig zackig um die Pylonen. Das gilt dann auch für die Kurvenhatz, fast neutral – nicht zuletzt dank der ausgeglichenen Gewichtsverteilung fährt einen der Alfa fast schwindelig – mein Gott, das soll noch Heckantrieb sein?
Wenn man so flott unterwegs ist, ist es besonders gut zu wissen, dass man sich auch auf die Bremsanlage mit Scheibenbremsen vorn und hinten innenbelüftet voll verlassen kann. Auch hier legt sich die Giulia mächtig ins Zeug, taucht bei einer Vollbremsung kaum vorne ein und steht aus Tempo 100 heraus mit leichtem Reifenquietschen und kaum ABS-Rubbeln sicher und spurtreu auch auf wechselndem Asphalt nach weniger als 35 Metern. Noch sicherer und vehementer fühlt sich die Vollbremsung auf „D“ an.
Mein Testwagen – Ausstattung „Super“ – war nicht gerade mit elektronischen Fahrhilfen oder Assistenzsystemen überhäuft, lediglich ein Kollisionswarnsystem, ein Tempomat – kinderleicht zu bedienen aber leider nicht adaptiv – und ein Spurverlassenswarner – der brummt nur dumpf wenn man ohne zu Blinken die Spur verlässt – waren an Bord.
Gegen Aufpreis sind dann in Form des Assistenz-Pakets für 1.000,- Euro ein
Fernlichtassistent, ein Toter-Winkel-Warner mit Bewegungserkennung hinten, automatisch abblendende Rückspiegel innen und außen, eine Rückfahrkamera und Parksensoren auch vorne zu haben.
Meine Giulia war mit dem 2,2 Liter Vierzylinder Turbodiesel mit 110 kW / 150 PS ausgestattet, und der läuft ganz leise, man hört praktisch nicht, dass man in einem Diesel sitzt, höchstens von außen. Und selbst bei Tempo 130 hört man nur ein leises Säuseln, auch bei Vollgas wird er nicht laut – und bei meiner Giulia heißt das Spitze 220 km/h. In Verbindung mit den 450 Nm Drehmoment bei 1.750 U/min sprintet die schöne Italienerin in 8,2 Sekunden aus dem Stand auf 100 und bringt dabei die Kraft über die Hinterräder sehr gut auf den Asphalt. Ihr Model-Gewicht von 1.520 kg helfen da ganz gut mit.
Und dabei zeigt sich der Common-Rail-Diesel auch noch ausgesprochen sparsam. Auf meiner gewohnten Strecke habe ich laut Bordcomputer 5,6 Liter auf 100 km verbraucht, durch nachtanken haben sich dabei 5,7 Liter ergeben, ziemlich exakt also. Von der Werksangabe lag ich damit aber 1,5 Liter entfernt. Entsprechend drüber wird dann wohl auch der CO2-Ausstoß über den angegebenen 109 g/km liegen.
Bei dichtem Verkehr auf der Autobahn und nur bis 110 km/h drin gab der Bordrechner einen Verbrauch von 4,7 Litern an, bei 130 waren es dann 5,3 Liter Diesel/100 km.
Den ganz großen Reiz macht dann nicht zuletzt die 8-Stufen-Automatik aus. Und das schon, wenn man die Automatik ganz alleine gewähren lässt, mit sanften Schaltvorgängen und schneller Reaktion sowie immer im richtigen Gang. Will ich selber ins Schaltgeschehen eingreifen, dann kann sie mit schnellen und doch sanften Gangwechseln überzeugen, selbst unter Volllast spürt man nur einen kleinen Ruck und man kann dabei 8 Vorwärtsgänge durchschalten. Allerdings greift die Elektronik selbst ein und schaltet, wenn auch sehr spät eigenständig hoch oder wenn man z.B. abbiegt oder in einer scharfen Kurve schaltet sie selbst ggf. gleich mehrere Gänge zurück.
Da muss man nicht unbedingt auf manuell wechseln. Aber das war jetzt unter „N“. Was passiert unter „D“? Hat man dort die volle Kontrolle? Hat man – und wie. Jetzt hatte ich freie Hand und die Schaltvorgänge gingen ratz fatz und doch ohne nennenswert spürbare Rucke. Jetzt konnte ich hochdrehen bis an den roten Bereich, konnte herrlich sportlich zurückschalten ohne dass die Automatik eingegriffen hat – so machte auch das Schalten riesigen Spaß.
Und nicht vergessen, jetzt unter „D“ wurde zudem das Fahrwerk straffer, die Gasannahme direkter und die Lenkung straffer, ich hatte das Gefühl die Giulia setzte die Gesetze der Physik außer Kraft – außer dass ich mich kaum noch auf den wirklich gut ausgeformten Sitzen halten konnte ging sie in schwindelerregendem Tempo um die Ecken. Nur ein Tipp: unbedingt vorher den Beifahrer warnen !!! Faszinierend diese Giulia.
Wenn es unbedingt dieser 150 PS Diesel mit der 8-Gang-Automatik sein soll, dann bleibt Dir in Sachen Ausstattung keine große Wahl, nur der „Super“ ist damit zu bekommen und kostet dann 38.450,- Euro. Die Sitzbezüge sind dann aus Stoff/Kunstleder, dazu gibt es 17 Zöller Alufelgen, Info-Center mit 7″-TFT-Farbbildschirm, Parksensoren hinten und ein kühlbares Handschuhfach.
Aber auch die Fahrdynamikregelung DNA (Dynamic, Natural und Advanced Efficiency) ist serienmäßig im „Super“, ebenso die el. Servolenkung, eine Radaufhängung aus Aluminium, Antriebswelle aus Kohlefaser, Schaltwippen am Lenkrad, LED-Blinker in den Außenspiegeln und eine mattschwarz gebürstete Dekorleiste in Mittelkonsole und an den Türen. Außerdem Edelstahleinstiegsleisten, Zweizonen-Klimaautomatik, el. Außenspiegel, Regen- und Lichtsensor, Tempomat (Adaptiv 1.200,- Euro Aufpreis), elektromechanische Parkbremse, 2fach verstellbares Lenkrad, Alfa Connect 6,5″ Radio etc.
Den Make-up-Spiegel für den Fahrer gibt es dann im Komfortpaket für 590,- Euro zusammen mit Keyless Entry, Türgriffbeleuchtung außen und Ablagefach in Armaturentafel Fahrerseite, für 1.450,- Euro das Winterpaket mit elektrisch verstellbaren Vordersitzen, Sitzheizung vorne, Lenkrad und Scheibenwaschdüsen sind beheizbar, das Business-Paket mit elektrisch anklappbaren Außenspiegeln, Alfa Connect 6,5″ RadioNav mit Bluetooth und Audio-Streaming kostet 1.200,- Euro und wer es ganz edel haben will, der bekommt für 5.350,- Euro das Lusso-Paket mit Dekorleisten aus Eichen- oder Nussbaumholz mit Lederausstattung in schwarz, Tobacco, Rosso oder Beige, Armaturentafel und Türverkleidung mit Lederbezug, Sportlenkrad mit Motorstartknopf, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit dynamischem Kurvenlicht und LED-Tagfahrlicht, Lenkrad beheizbar, Sitzheizung vorne und einer asymmetrisch geteilt umklappbaren Rücksitzbank (40:20:40).
Und dann gibt es auch noch das Veloce Interieur-Paket für 4.150,- Euro für den „Super“. Hier sind entsprechende Sportsitze in Leder in Nero, Nero-Rosso oder Nero Tabacco mit entsprechend farblich abgestimmter unterer Armaturentafel, Türverkleidung und Mittelarmlehne, el. Sitzverstellung, manuell ausziehbarer Oberschenkelauflage, el. verstellbaren Sitzwangen, Lendenwirbelstütze, Sitz- und Lenkradheizung, umklappbarer Rücksitzbank und das Sport-Paket enthalten. Und damit wäre ich noch lange nicht am Ende, schau mal in die Ausstattungslisten von Alfa Romeo.
Nicht ganz günstig kommt man bei der Versicherungseinstufung weg, HPF 20, TK 24 und VK sogar 26. Kostenlos ist dagegen die Vier-Jahres-Herstellergarantie und der fast unglaubliche Fahrspaß.
Stand: Dezember 2017; Test und Fotos: CARWALK – Der Autoblog