Der Nissan Juke war von Anfang an ein Provokateur und hat durchaus für Furore gesorgt, entweder man liebte oder man hasste ihn. Große Erfolgschancen rechnete man dem Crossover-Modell vor zehn Jahren zunächst nicht aus, weit gefehlt, eine Million verkaufte Einheiten weltweit (davon 70.000 in Deutschland) konnten Kritiker und Zweifler eines Besseren belehren. Nun schickt Nissan die zweite Generation auf die Straße. Zwar weniger polarisierend, aber dafür gereift und somit massentauglicher.
Ich persönlich bedauere die Entscheidung, den Exoten-Status heruntergefahren zu haben, kann den Schritt aus der Sicht von Nissan aber natürlich verstehen. Muss die zweite Generation Nissan Juke es mit gleich 24 Mitbewerbern aufnehmen, bei Einführung im Jahr 2010 tummelte sich lediglich ein weitere Autohersteller im Segment der B-Crossover/SUVs. Wenn auch weitaus weniger provozierend als in der ersten Generation, muss man dem neuen Juke ein sehr gefälliges Äußeres zugestehen. Doch ein Alleinstellungsmerkmal ist das bei der Flut an Modellen leider nicht mehr.
Wenn auch das Design unverändert zu den schlagenden Kaufargumenten des Nissan Juke zählen, so kann das neue Modell mit reichlich mehr aufwarten. Der Reifeprozess hat spürbaren Einfluss auf das Platzangebot, die Konnektivitätsmöglichkeiten, die Technik-Highlights, das Sicherheitsangebot und die Personalisierungsoptionen genommen. Aber lass mich ins Detail gehen:
Ich war Fan der ersten Stunde und begrüßte den gewagten Schritt, auf solch ein unverwechselbares Design zu setzen. Im Kern ist er noch ein Juke, doch nichts wurde beim Alten belassen.
Mehr Platz, mehr Technik-Highlights, mehr Ausstattung, mehr Konnektivität, mehr Personalisierungsoptionen, mehr Komfort, von allem viel mehr, nur beim Design hält es der neue Nissan Juke mit weniger und zwar mit weniger Provokation. Wirklich schade, habe ich gerade das schräge Design am Juke geliebt. Nichts desto trotz, die Neuauflage kommt keineswegs langweilig daher, doch den großen Aufschrei entlockt der Juke nicht mehr. Zumal auch manch andere Mitbewerber nun auf eine betont mutigere und polarisierende Optik setzen.
Die Zweiteilung der nun stets in LED ausgeführten Frontleuchten erinnert zwar noch etwas an den Vorgänger, doch das Gesicht des neuen Juke ist ein völlig anderes. Zurückhaltender, weitaus weniger rebellisch. Die Silhouette setzt da schon deutlich mehr auf die bekannte Jukeness, wenn ich es mal so nennen darf. Die versteckten hinteren Türgriff sind auch im neuen Juke vorzufinden.
Beim Heck gefallen mir die Veränderungen deutlich besser, steht der Japaner hier richtig satt da, verabschiedet sich vom pummeligen Abschluss des Vorgängers und setzt zudem auf ein völlig neues Rücklichtdesign, ebenfalls in LED und im dreidimensionalen Bumerang-Stil, wie Nissan selbst sagt.
Auf Personalisierungsmöglichkeiten setzt das Crossover-Modell seit jeher, in der zweiten Generation bietet Dir diese vor allen Dingen der N-Design, stehen Dir hier für Karosserie sowie das Dach verschiedene Farbthemen und Kombinationsmöglichkeiten zur Wahl, die Zweifarbenlackierung in Black, Silver oder Fuji Sunset Red konzentriert sich dabei nicht nur auf das Dach, auch die Spiegelkappen und Dachantenne sind in der Kontrastfarbe gehalten. Auf Wunsch setzt Du mit dem Außendesign-Paket noch eins drauf, sind dann auch die Seitenleisten und Stoßfänger-Elemente vorn wie hinten wahlweise in Black, Silver oder Fuji Sunset Red lackiert. Serienmäßig ist die Frontlippenleiste in Silver gehalten.
Die Basis rollt auf 16-Zöller daher, zu einem polarisierenden Juke will das aber nicht wirklich passen, die nächst höhere Ausstattung bekommt erfreulicherweise 17-Zöller spendiert und ab N-Connecta fährt der Nissan Juke sogar mit schicken 19-Zoll-Rädern vor, die das Fahrzeug wirklich richtig schick dastehen lassen und im N-Design in einem tollen Dungelgrau lackiert sind.
Wirklich mutig wird der N-Design allerdings im Innenraum, entsprechendes Paket setzt neben den Varianten in einer schwarzen Alcantara/Leder-Kombination oder der grauweißen Stoff/Kunstleder-Kombination in der Version „Active“ auf die Farbe Orange, neben den Ledersitzen mit orangenen Akzenten in Kunstlederauf, ist die Mittelkonsole, die Türinnenverkleidungen und Kniepolster großzügig in dem peppigen Farbton gehalten.
Basierend auf der neuen CMF-B-Plattform des Renault-Nissan-Konzerns, ist der neue Nissan Juke spürbar größer geworden. In den Abmessungen verzeichnet der Juke ein Plus von 75 Millimeter bei der Länge, misst er nun 4,21 Meter. Mit dem Modellwechsel wurde das Fahrzeug zudem 35 Millimeter breiter und 15 Millimeter höher.
Diesen Größenzuwachs bekomme ich im Innenraum deutlich zu spüren, während das Gepäckabteil nun mindestens 422 Liter fassen kann (bisher 354 Liter), fühle ich mich mit meinen 1.80 Meter auf der Rücksitzbank deutlich besser aufgehoben, als bisher. Natürlich schränkt der sportliche Dachverlauf weiterhin die Kopffreiheit ein, doch auch aufrecht sitzend, stoße ich nicht an meine Grenzen, holt auch hier Nissan mehr Raum raus. Besonders deutlich wird dies aber im Beinraum. Dank des auf 2.636 mm gewachsenen Radstands holt Nissan 58 mm mehr Kniefreiheit heraus und so freue ich mich selbst mit meinen langen Beinen über ein luftiges Sitzgefühl.
Doch komme ich nochmal kurz zurück zum Kofferraum, der bietet nun nicht nur 68 Liter mehr Fassungsvermögen, vor allen Dingen die deutlich breitere und besser geschnittene Kofferraumöffnung macht sich positiv bemerkbar. Die neue Ladeöffnung erleichtert das Be- und Entladen erheblich. Auch der doppelte Ladeboden ab dem Niveau Acenta ist eine feine Sache, mit der noch klassisch in 60:40 umlegbaren Rücksitzlehnen hat es sich dann aber auch mit der Funktionalität.
Nissan hat ein sehr gefälliges Cockpit geschaffen, ausgekleidet mit angenehmen Materialien, selbst das verbaute Hartplastik stößt mir nicht negativ auf, auch die Verarbeitung kann überzeugen, ebenso die intuitive Bedienbarkeit und die Übersichtlichkeit.
Die Konnektivität wird zu einem immer zentraleren Punkt und ist für einige Interessenten durchaus beim Kauf entscheidend. Mit der neuesten Generation des Infotainment-Systems NissanConnect dürfte hier jedoch nichts gegen den Nissan Juke sprechen. Die Basisversion ausgenommen, geht die Smartphone-Integration wunderbar einfach via Apple CarPlay oder Android Auto von der Hand, Deine favorisierten Apps kannst Du nun auch mittels im Fahrzeug integrierten acht Zoll Touchscreen steuern. Möchtest Du die Navigation Deines Handys nutzen, kein Problem, Du kannst zudem auf den Verkehrs- und Navigationsdienst TomTom Maps & Live Traffic zugreifen. Darüber hinaus ist der Juke mit Google Assistant kompatibel und Du kannst die Ziele einfach per Sprachbefehl eingeben.
Eine App zur Fahrzeugsteuerung hat der japanische Autohersteller ebenfalls in petto, mit der sogenannten NissanConnect Services App kannst Du das Fahrzeug aus der Ferne ver- und entriegeln oder beispielsweise den aktuellen Reifendruck und Ölstand abrufen. Ab dem ersten Quartal 2020 integriert Nissan außerdem ein drahtloses WLAN-Netz.
Ich als Musikliebhaber zeige natürlich auch großes Interesse an dem BOSE Personal Plus Soundsystem. Für 600 Euro steht dieses den beiden Topmodellen zur Wahl und umfasst acht leistungsstarke Lautsprecher, wobei sich je zwei UltraNearfield-Einheiten in den beiden Kopfstützen der Vordersitze befinden.
Mit der zweiten Generation Juke führt Nissan eine neue Ausstattungsstruktur ein. Neben der bewährten und vorbildlich ausgestatteten Basisvariante Visia ab 18.990 Euro sind auch wieder der Acenta und N-Connecta in der Preisliste aufgeführt, der Preisaufschlag liegt hier pro Ausstattungsstufe bei glatten 2.000 Euro. Mit den Ausstattungslinien Tekna und N-Design stehen Dir gleich zwei Topversionen zur Wahl. Während das Tekna-Niveau vor allem technikaffine Interessenten anspricht und ab 25.790 Euro erhältlich ist, wird die Variante N-Design ab 26.390 Euro ihrem Namen gerecht. Im Kapitel Design bin ich hier bereits näher darauf eingegangen.
Der autonome Notbremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrererkennung, der aktive Spurhalte-Assistent mit Lenkeingriff, die Verkehrszeichenerkennung, der Fernlicht-Assistent, der Berganfahr-Assistent, die intelligente Fahrkomfortregelung sowie Spurkontrolle wie aber auch das Notrufsystem eCall verbaut Nissan im neuen Juke von Haus aus, ob Basis- oder Topmodell, auf diese Fahrhilfen kannst Du Dich in allen Ausstattungslinien verlassen.
Ab der nächst höheren Variante ist auch eine Rückfahrkamera an Bord, die elektronische Parkbremse, eine Einparkhilfe hinten und der Regensensor sind im N-Connecta serienmäßig mit drin und der Tekna fährt dann sogar mit allem vor, sei es das Fahrerassistenzpaket Pro in Verbindung mit Schaltgetriebe oder der ProPILOT in Verbindung mit dem DCT-Getriebe. Während Du im Handschalter den autonomen Lenkassistent, den adaptiven Geschwindigkeits- und Abstandsassistent, die Müdigkeitserkennung und den Totwinkel-Assistent an Bord hast, verfügst Du in der Automatik-Version zusätzlich über den autonomem Stau-Assistenten mit Stop-and-Go-Funktion. Gerade Pendler lernen dieses Feature sehr schnell schätzen und lieben.
Der automatisch abblendende Innenspiegel ist im Tekna ebenso Serie, wie der Around View Monitor, die Einparksensoren vorne und Nissan Safety Shield inklusive Bewegungserkennung und dem großartigen Querverkehrswarner.
In den Niveaus N-Connecta und N-Design kannst Du diese Annehmlichkeiten ebenfalls reinpacken, die Aufpreise liegen je nach gewählten Getriebe zwischen 790 und 1.190 Euro.
Das Vorgängermodell durfte ich zuletzt mit dem 1,6-Liter-Benziner mit 112 PS (83 kW) und manueller Fünfgang-Schaltung fahren und diese Motor-/Getriebe-Kombi hat mir leider sehr die Laune am Juke verdorben. Hier hatte man aber zumindest die Wahl auf einen anderen Motor auszuweichen.
Zur Markteinführung bietet Nissan jedoch ausschließlich einen DIG-T-Turbobenziner mit drei Zylindern in einer Leistungsstufe an. Weitere Motoren werden zwar folgen, u.a. auch elektrifizierte Antriebe, einen rein elektrisch angetriebenen Juke wird es allerdings nicht geben. Zum jetzigen Zeitpunkt kann Nissan aber keine genaueren Angaben machen. Und auch eine Nismo-Variante kann noch nicht bestätigt werden, doch es es ist damit zu rechnen, hoffentlich.
Und wenn ich vor Fahrtantritt meine Bedenken hatte, so kann ich Dich beruhigen, das neue 86 kW/117 PS starke Aggregat harmoniert sehr gut mit dem neuen Nissan Juke und hat mich rundum überrascht.
Das Ansprechverhalten ist wunderbar agil, gerade in den unteren Geschwindigkeitsbereichen, aber auch auf der Autobahn fühlte ich mich nicht aufgeschmissen. Das maximale Drehmoment von 180 Nm kann der Juke mittels Overboost-Effekt sogar auf 200 Nm anheben und liegt ab 1.750 bis 4.000 Touren voll an.
Der Turbobenziner setzt auf eine überraschend gute Laufkultur, störendes Dreizylinder-Knattern verkneift er sich in der Stadt, wie aber auch auf der Landstraße oder der Autobahn.
Im Grunde gibt es nichts gravierendes am Handschalter auszusetzen, für meinen Geschmack sind die Schaltwege zwar etwas zu lang, doch unabhängig davon, würde ich in jedem Fall die 1.600 Euro bzw. 2.000 Euro beim Tekna inkl. ProPilot Aufpreis für das erstmals erhältliche Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe inklusive Lenkrad-Schaltwippen investieren. Harmoniert die Getriebealternative wirklich wunderbar mit dem Turbo-Benziner. Der Fahrmodusschalter D-Mode erlaubt Dir zudem ganz nach Belieben zwischen den Modi Eco, Standard und Sport zu wählen.
Aussagekräftige Verbrauchsmessungen kann ich nach einer ersten kurzen Ausfahrt ohne Nachtanken natürlich nicht treffen, laut Hersteller liegt der kombinierte Kraftstoffverbrauch bei 6,1 bis 6,0 Liter je 100 Kilometer. Die Werte sind nach WLTP angegeben, ebenso die CO2-Emissionen von 138 bis 135 g/km.
Der Nissan Juke weckt bereits mit seiner Optik sportliche Erwartungen, denen die dynamische Fahrwerksauslegung durchaus standhalten kann. Doch den gebotenen Komfort habe ich bei den aufgezogenen 19-Zöllern ehrlich gesagt nicht erwartet. Nissan, gut gemacht. Wer Allradantrieb bevorzugt, wird allerdings auch in der zweiten Generation nicht fündig.
Stand: Februar 2020; Test: CARWALK – Der Autoblog; Fotos: CARWALK/Nissan