Fahrbericht: Mitsubishi L200

Mitsubishi hatte uns Pressevertreter im Juni zur „Green Mobility Roadshow 2020“ geladen, diese Woche sollte es dann soweit sein, doch mit der kurzfristigen Absage hatte Mitsubishi Motors eine absolute Schocknachricht im Gepäck. Das Unternehmen wird hierzulande künftig keine neuen Modelle mehr anbieten und sich aus dem europäischen Markt zurückziehen. Die nächste Generation Mitsubishi Outlander werden wir somit bereits nicht mehr erfahren dürfen, war die Markteinführung ursprünglich für 2020 angedacht. Der Verkauf der bestehenden Modelle geht jedoch unverändert weiter und auch im Bereich Service und Versorgung mit Ersatzteilen betreuen die Mitsubishi Händler die Kunden auch weiterhin vor Ort. Wie es allerdings konkret weitergeht, ist aktuell unklar. Ist dies wirklich der Abschied für immer? Die Meldung muss selbstverständlich erst einmal verdaut werden, selbst MMD Automobile in Friedberg liegen derzeit keine konkreten Informationen vor. Wirklich bittere Nachrichten die uns da aus Japan erreicht haben, zumal Mitsubishi Motors bei uns steigende Verkaufszahlen verzeichnen und sich u.a. über eine erfolgreiche Markteinführung des neuen Mitsubishi Space Star freuen konnte, den ich Ende Februar vor der großen Coronakrise noch erfahren durfte. War der Pick-up L200 nun wirklich mein letzter Testwagen aus dem Hause Mitsubishi?

Es ist die sechste Modellgeneration eines Klassikers, der mit über 50 Prozent neuen Bauteilen einem durchaus sehr üppigen Facelift entspricht. Lediglich die Fahrzeugkabine wurde vom Vorgänger übernommen, die restlichen Karosseriekomponenten sind neu und besonders prägnant ist die neue Front, die dem Pick-up richtig gut zu Gesicht steht. Unverkennbar schlägt sie die Brücke zu den Modellgeschwistern und entspringt dem aktuellen Markengesicht, dem sogenannten und sehr gelungenen Dynamic-Shield.

Spezielle Frontdekors und Zierleisten sowie Überrollbügel und weitere optische Features findest Du auf Wunsch in der Zubehörliste, so lässt sich der L200 optisch weiter aufwerten. Aber auch das Heck unterzog sich einer vollständigen Umgestaltung, nimmt bei einem Pick-up allerdings einen deutlich geringeren Stellenwert ein, besteht dieses größtenteils aus der Heckklappe, die den Zugang zur mindestens 1,52 Meter großen Ladefläche frei gibt.

Weiterhin ist der L200 in zwei Kabinenvarianten erhältlich, ob als 2+2-sitzige Club Cab Version mit gegenläufig öffnenden Türen oder in der viertürigen Variante meines Testwagens mit fünfsitziger Doppelkabine. Die Single Cab entfällt. Unabhängig von der Kabinenwahl misst der Mitsubishi L200 5,30 Meter, die maximale Ladebreite liegt bei 1,47 Meter und die Ladefläche variiert je nach Kabine zwischen 1,85 Meter und den 1,52 Metern in der Doppelkabinenvariante.

Mitsubishi kann mit einem sehr umfangreichen Zubehörprogramm aufwarten, ob es nun verschiedene Laderaumbeschichtungen betrifft, oder Du Dich alternativ für eine Laderaumwanne aus Kunststoff oder Aluminium entscheidest, ein Verzurrösen-Set mit vier Schienen und sechs einstellbaren Ösen, eine passgenaue Werkzeugbox oder die Auffahrrampe bestellst, Deine Ladung mittels einem ausziehbaren Rollcover oder eine der zahlreichen, in Ausführung und Optik differenzierten Laderaumabdeckungen schützt, ein Hardtop aufziehst und aus der klassischen Pritsche ein richtiges, höher bauendes Ladeabteil machst, oder am Ende in der Doppelkabinenausführung sogar noch das Dach nutzt und einer der zahlreichen Dachboxen orderst.

Gemeinsam mit Kunath Fahrzeugbau bietet Mitsubishi Dir für den Pick-up sogar fachgerechte Um- und Aufbauten. Während die flexible und anhebbare Pritsche die Nutzung als Hinterkipper bzw. als Dreiseitenkipper ermöglicht und den gewerblichen Kunden anspricht und sich der L200 auch in ein ideales Streu- und Räumfahrzeug verwandeln lässt, so ist es gerade der Camping-Aufbau, der den Privatkunden reizt. Mit einem praktischen Dachzelt kannst Du Dich entspannt auf Reisen begeben und die Zeit im Grünen genießen.

Das Dachzelt lässt sich mit wenigen Handgriffen von nur einer Person und mit Hilfe der mitgelieferten 12-Volt-E-Pumpe aufbauen. Diese pumpt die Zeltschläuche auf, die als Streben dienen und dem Zelt Stabilität verleihen.

Das als „GT PICK UP“ bezeichnete Zubehör-Dachzelt wiegt lediglich 27 Kilogramm und wird auf dem Dachträger der Doppelkabine montiert. Im aufgebauten Zustand verfügst Du über einen 140 x 220 cm großen Schlafbereich direkt auf dem Fahrzeugdach, der Wohnbereich erstreckt sich über die gesamte Ladefläche und ist mit diversen Moskitofenstern und Lüftungsöffnungen ausgestattet, die in Verbindung mit dem atmungsaktiven Tencate-Außenmaterial ein angenehmes Raumklima schaffen. Diese Dachzeltlösung ist zu einem Preis von 3.410,79 Euro erhältlich.

Doch Mitsubishi bietet noch weitere Möglichkeiten für den entspannten Camping-Ausflug. Mit dem kompakten GT ROOF bietet Dir der Hersteller gleich zwei Montageoptionen und setzt auf einen quadratischen Aluminiumrahmen mit dem Zelteingang entweder über dem Heck oder der Seite des Fahrzeugs. Im Lieferumfang enthalten ist auch eine Aluminium-Teleskopleiter, die Dich rasch und sicher das Dach erklimmen lässt und den Zugang zum Zelt ermöglicht. Dieses Universal-Dachzelt ist mit 2.338,52 Euro im Zubehörangebot gelistet.

Die verbreiterten Trittbretter ermöglichen einen leichteren Zustieg ins Innere des Mitsubishi L200. Hier angekommen, fällt auf, die Neuerungen sind im Innenraum wesentlich geringer ausgefallen.

Zwar setzt der L200 auf ein neues Multifunktionslenkrad, eine optimierte Instrumenteneinheit und einen sieben Zoll großen Touchscreen (in Verbindung mit „Smartphone Link Display Audio“), doch das Kerndesign ist bereits bekannt. Mitsubishi hat die Anmutung nochmals angehoben, die Optik wie auch die Haptik entspricht keineswegs einem Nutzfahrzeug, dennoch kann sich auch die jüngste Version Hartplastik wie auch teils eingestaubte Schalterelemente nicht verkneifen.

An USB-Anschlüssen und Staufächern hat Mitsubishi aufgestockt, dass Lenkrad ist auf Wunsch beheizbar, eine 360-Grad-Kamera ist ebenso erhältlich wie Digitalradio DAB+, Smartphone-Integration, Klavierlack- und Chrom-Applikationen.

Nimmt man auf der Rückbank Platz, stößt einem eventuell die steil stehende Rückenlehne auf und so war die Sitzbank während meiner Testzeit eher als Ablage in Gebrauch.

Die Überarbeitung am Fahrwerk ist recht umfassend ausgefallen, wenn auch Mitsubishi weiterhin auf einen Leiterrahmen und Blattfedern setzt, so wurde die gesamte Federung optimiert, neue Federn verbaut, die Dämpfer neu angestimmt und die Karosserie versteift. Der Fahrkomfort ist durchaus ordentlich, grobe Straßenschäden stoßen allerdings weiterhin nach innen durch.

Während Mitsubishi die Basisvarianten mit dem zuschaltbaren „Easy Select 4WD“-Allradantrieb ausrüstet, kommen die weiteren Versionen in den Genuss des permanenten „Super Select 4WD-II Allradsystems. Der ab der mittleren Ausstattungslinie erhältliche Antrieb arbeitet differentialgesteuert und sichert dem Mitsubishi L200 im Segment der Pick-ups ein Alleinstellungsmerkmal. Setzen die Japaner als einziger Hersteller auf die Kombination aus permanentem Allradantrieb, sperrbarem Mittendifferenzial und Geländeuntersetzung. Du kannst bis zu einem Tempo von 100 Stundenkilometer bequem zwischen Heck- und Allradantrieb wechseln.

Optimale Traktion ist Dir somit auf nahezu jedem Untergrund sicher, doch nicht nur im Gelände spielt der L200 Allradantrieb seine Vorteile aus, auch bei Kurvenfahrten macht sich der Antriebsstrang positiv bemerkbar. Einzig die Lenkung dürfte in diesen Bereich kürzer übersetzt und präziser ausgeführt sein. Ansonsten vermittelt mir der Pick-up ein sicheres und stabiles Fahrgefühl, auch bei flott genommenen Kurven komme ich nicht ins Schwitzen. Um auch die Effizienz nicht aus den Augen zu verlieren, kann ich wieder rein auf den Hinterradantrieb wechseln.

Seine wirklichen Stärken spielt der Mitsubishi L200 aber auf losen Untergrund oder gar im rauen Gelände aus, eine Hinterachs-Differentialsperre und die Geländeuntersetzung werden nun im aktuellen Modell um eine Bergabfahrhilfe und die neue Offroad-Traktionskontrolle ergänzt. Letztere stellt Dir vier wählbare Fahrmodi zur Seite, sei es für Fahrten auf Schotter, Schnee, Sand oder steinigem Untergrund. Bei aktivierter „4HLc“- bzw. „4LLc“-Einstellung kannst Du die verschiedenen Modi mittels Druckknopf ohne große Mühen aktivieren.

Mit einer Wattiefe von 50 Zentimetern kann der L200 unter den Pick-ups zwar keinen Rekordwert einfahren, nichts desto trotz kann sich die Geländetauglichkeit sehen lassen, die Steigfähigkeit liegt bei 70 Prozent, der Kippwinkel bei 45 Grad und der Böschungswinkel hinten bei 22 Grad, während dieser vorn bei 30 Grad liegt. Der Rampenwinkel entspricht 24 Grad.

Mit knapp einer Tonne Nutzlast hinkt der Mitsubishi L200 auch in diesem Punkt hinter manch einem Mitbewerber hinterher, verdient sich mit einer Anhängelast von 3,1 Tonnen aber durchaus das Prädikat Zugpferd.

Und als solches im Einsatz, muss man sich auch auf die Bremsen verlassen können, die in meinem Test einen sehr soliden Job abgeliefert haben, auf angenehmen Tritt druckvoll verzögerten. Im Vergleich zum Vorgänger verbaut Mitsubishi nun neue innenbelüftete Scheibenbremsen mit 320 Millimeter Stärke und modifizierte Bremssattel.

Bestückt ist der japanische Pick-up nun mit einem 2.2 Liter ClearTec Aggregat, der Turbodiesel kommt auf 110 kW/150 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 400 Nm ab. Eine Motorenalternative gibt es nicht, beim Getriebe hast Du in der Doppelkabinenausführung allerdings die Wahl, vom Sechsgang-Schaltgetriebe auf die neue Sechsgang-Wandlerautomatik auszuweichen. In meinem Fahrzeug habe ich allerdings die Schaltarbeit selbst übernommen.

Pick-ups setzen in diversen Punkten vermehrt auf den Komfort eines Pkw, doch akustisch vermittelt der L200 absoluten Nutzfahrzeugcharme, jault er ungeniert auf und hält keineswegs hinter dem Berg. Wirklich daran gestört habe ich mich aber dennoch nicht, da dieser raue Ton schlussendlich zu einem Pick-up passt.

Und so verlange ich dem Diesel auch nicht unbedingt sportliche Fahrleistungen ab und gebe mich mit einer gemütlichen Fahrweise vollends zufrieden. Und dennoch vermittelt er mir wenn gewünscht ein spritziges Gefühl, hier passt das Schaltgetriebe perfekt. Gebe ich dem Fahrzeug die Sporen, genehmigt er sich 12,4 Sekunden für den Spurt auf Tempo 100, bei maximal 174 Stundenkilometer ist letztlich Schluss.

SCR-Kat, Euro 6d-Temp, AdBlue-Einspritzung, der Motor entspricht allen modernen Anforderungen, erweist sich aber dennoch nicht als Spritsparer, im Durchschnitt sollten mit zehn Litern auf hundert Kilometer gerechnet werden. Damit bewegt sich der Mitsubishi L200 allerdings ganz auf Segment-Niveau. Der nun auch im L200 eingesetzte Eco-Drive-Assistent möchte zumindest zu einer möglichst effizienten Fahrweise anregen. Die vom Hersteller angegebenen 7,6 Liter habe ich aber auch dann nicht erreicht, die CO2-Emissionen belaufen sich auf glatte 200 g/km.

Solch ein gut geschnürtes Sicherheitspaket wie Mitsubishi beim L200 auffährt, ist im Pick-up-Segment nun wirklich nicht zu erwarten. Angefangen bei der Fußgängererkennung über den Spurhalteassistent, Fernlichtassistent, Totwinkelassistent und Gespannstabilisierung, bis hin zu den Parksensoren und dem Auffahrwarnsystem mit integriertem Notbremsassistent oder auch den Ausparkassistent, sprich Querverkehrswarner, sowie der Fehlbeschleunigungsschutz, in der neuen Modellgeneration unterstützen Dich diese Fahrassistenten je nach Ausstattungslinie sogar serienmäßig.

Nur die Einstiegsvariante BASIS zeigt sich in diesem Punkt etwas schwach auf der Brust, fährt aber dennoch mit einem Lederlenkrad und -schaltknauf, elektrischen Fensterhebern, einer Zentralverriegelung, elektrisch einstellbaren Außenspiegeln und beispielsweise dem neuen Multi-Infomationsdisplay vor. Die BASIS-Version gibt es als Doppelkabine ab 32.743,19 Euro und ist ausschließlich mit Handschalter verfügbar. Dies gilt auch für die BASIS mit Komfort-Paket, erhältlich ab 33.620,50 Euro. Der Club Cab startet ab 30.988,57 Euro, ist aber nur in den beiden BASIS-Varianten und als handgeschaltener PLUS zu haben.

In der mittleren PLUSAusstattung kannst Du in der Double Cab wiederum den Komfort-Paket-Umfang oum LED-Rückleuchten, die Rückfahrkamera, Licht- und Regensensor, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, den Spurhalteassistent sowie ein Auffahrwarnsystem mit Fußgängererkennung und Notbremsassistent erweitern und alternativ die Automatik wählen.

Neben den LED-Scheinwerfern und dem vollständigen Sicherheitspaket hat die TOP-Version ab 44.538,15 Euro außerdem die 360 Grad Kamera, ein beheizbares Lederlenkrad, die Lederausstattung inklusive elektrisch einstellbarem Fahrersitz und die Zwei-Zonen-Klimaautomatik zu bieten, ist allerdings ausschließlich in der Variante Doppelkabine und mit Sechsgang-Automatik erhältlich.

Mit dem derzeit erhältlichen Sondermodell Spirit bietet Mitsubishi Dir für 35.375,13 Euro eine umfangreiche Mehrausstattung inklusive starkem Preisvorteil.

Unabhängig vom Rückzug aus Europa gewährt Mitsubishi weiterhin eine fünfjährige Herstellergarantie (bis 100.000 km) auf alle verkauften Modelle.

Stand: August 2020; Test und Fotos: CARWALK – Der Autoblog; Campingfoto: MMD

3 Gedanken zu “Fahrbericht: Mitsubishi L200

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