Nissan Navara – Ein Hauch von Abenteuer.

Während beispielsweise in den USA die Pick-ups vor allem außerhalb der großen Metropolen von den Straßen nicht mehr wegzudenken sind, sind sie bei uns immer noch selten anzutreffen, auch wenn sie sich vom reinen Arbeitstier längst zum Lifestyle-Fahrzeug gemausert haben. Und auch wenn sie längst innen wie außen SUV- oder gar Pkw-Niveau erreicht haben, ist da immer noch so ein Hauch von Abenteuer, schon wenn man nur darauf zuläuft. Etwas Abenteuer stellt sich dann auch beim Einsteigen – oder sollte ich besser sagen „Hochklettern“ ein, beim wirklich hohen Sitzen (obwohl innen dann sogar das Dach mittlerweile ganz nah am Kopf steht) und spätestens beim Einparken, denn mit 5,30 Metern ist so ein Pick-up ein riesiges Teil. Das Abenteuer auf regennasser Straße löst der Allradantrieb problemlos, aber sobald es es von der Straße runter geht, ist schlagartig das volle Abenteuer wieder zurück – aber nur im ganz positiven Sinne. Also Cowboystiefel und -hut raus geholt und los geht’s …

Auch der Nissan Navara kommt nicht ganz an der Tatsache vorbei, dass Pick-ups auch optisch immer „ziviler“ werden, Lifestyle und der Windkanal bestimmen mehr und mehr das Blechkleid, trotzdem hat sich der Navara noch viel von seinem bulligen Aussehen bewahrt und streckt seine mächtige Front selbstbewusst in den Wind.

Der Auftritt ist wirklich gelungen und so kann ich mich mit dem Navara auch vor dem Nobelrestaurant oder der Modeboutique sehen lassen.

Apropos sehen lassen, auch die Ladefläche des Navara kann sich sehen lassen, im Falle meines Testwagens waren Boden und Seitenwände mit Aluminium mit Krähenfuß-Muster nicht nur bestens geschützt sondern auch schick anzusehen. Und in Verbindung mit der Doppelkabine wurde die Ladefläche mit 1.578 mm um fast 6 cm länger gegenüber dem Vorgänger. Die Auswahl an optionalen Abdeckungen, Klappen, ausziehbaren Ladeflächen, Wannen, Halterungen für Snowboards etc. ist mittlerweile groß.

Komme ich also nach vorne. Der Einsteig geht natürlich bei der Fahrzeugkategorie ziemlich weit rauf, da müssen sich sogar Großgewachsene schon richtig anstrengen, gut dass es da die Trittbretter gibt, die brauchen vor allem kleinere Passagiere ganz dringend, machen ggf. aber auch mal die Kleidung schmutzig. Große müssen zusätzlich aufpassen, dass sie sich nicht den Kopf anstoßen, denn obwohl es hoch rauf geht, ist die Kopffreiheit eher niedrig, das Dach steht wie bei einem Pkw dichter am Kopf. Ein bisschen entsteht das Gefühl in einem hoch gebockten Sportwagen zu sitzen.

Bei der Doppelkabine gibt es vier Türen, also gestaltet sich – abgesehen von der Höhe – auch hinten der Einsteig ganz gut und auch 1,80 m hinter einem 1,80 m großen Fahrer passt noch, allerdings sitzt man in Reihe zwei trotz einer Verbesserung des Winkels auf 23 Grad etwas steil. Eine eigene Lüftung gibt es jetzt hier hinten auch.

Das Cockpit ist gefällig gemacht, zahlreiche Aluapplikationen und schwarzer Klavierlack lockern das ganze schön auf, zudem greifen sich die Materialien gut an, auch wenn durchwegs Hartplastik zum Einsatz kommt. Schade, dass es vorne – ausgerechnet da wo man bei einem Crash mit den Knien anstoßen kann – bretthart ist. Das Lederlenkrad ist angenehm griffig, für das große Fahrzeug dürfte es aber gerne etwas dicker sein und die Verstellmöglichkeit ist nicht gerade üppig.

So ein Pick-up mit doch immerhin 5,30 Metern Länge ist gar nicht so spielerisch zu manövrieren, wenn es in eine enge Parklücke, um Ecken oder durch schmale Gassen gehen soll. Hier spielt Nissan mit der 360° Rundumsicht des Around View Monitors sowie mit der Rückfahrkamera seine Vorteile voll aus. Bei Wasserdurchfahrten, Kuppen oder starkem Gefälle machen sich diese Gimmicks auch im Gelände schnell unverzichtbar. Und auch bei Anhängerfahrten kann die 360°-Rundumsicht schnell von Vorteil sein, mit 3,5 Tonnen maximaler Anhängelast spielt der Navara auch ganz oben mit.

Los geht es mit dem Komfort beim schlüssellosen Zugangssystem INTELLIGENT KEY, dann lernt man schnell die Sitzheizung vorne schätzen, die Fahrlichtautomatik und die Geschwindigkeitsregelanlage mit Geschwindigkeitsbegrenzer bis hin zum NissanConnect Navigationssystem inklusive 7“-Touchscreen, USB-Schnittstelle, Google Services, Smartphone Integration, Bluetooth-Streaming …

Einen weiteren großen Schritt in Richtung Komfort macht der Nissan Navara mit dem Ende der hinteren Starrachse, das Heck wird damit spürbar komfortabler, kleinere Straßenschäden poltern nun nicht mehr bis nach innen, bei groben Schlaglöchern leidet der Komfort aber immer noch. Wird dann die Straße mal richtig schlecht, holpert er mächtig und schüttelt die Insassen massiv.

Kommt man auf trockener Straße mit dem Heckantrieb bestens zurecht, wird schon bei flotter Fahrweise der Wechsel auf den Allrad-Antrieb mit einem deutlich stabileren Fahrverhalten quittiert. Bei Nässe oder gar schneebedeckter Fahrbahn führt kein Weg an allen vier angetriebenen Rädern vorbei, auch wenn man dann beim Rangieren vor allem auf abtrocknender Straße schnell erkennt, dass alles recht schwer geht, Verspannungen spürbar werden und der Wendekreis sich von ohnehin 12,4 Metern doch deutlich vergrößert.

Die Lenkung arbeitet straff und gibt eine ordentliche Rückmeldung, einfach zu rangieren ist er aber nur mit 2WD, dann wird die Lenkung auch leichtgängiger. Umgekehrt folgt der Navara mit 4WD im Slalomtest wesentlich exakter der Lenkung, das Fahrzeug schaukelt aber ordentlich hin und her, was sich bei 2WD nochmal ein wenig verstärkt.

Komme ich aber noch mal zurück ins Gelände, nicht nur, dass die 360° Aussicht Vorteile bringt, neben dem zuschaltbaren Allradantrieb bietet der Navara Bergan- und Bergabfahrhilfe und eine Geländeuntersetzung sowie ein elektronisches Sperrdifferenzial – gewählt wird komfortabel per Drehregler. Und jetzt kann das Abenteuer erst richtig beginnen, ohne dass es abenteuerlich wird, denn mit einer Wattiefe von 60 cm, über 20 cm Bodenfreiheit, Schrägfahrten von 50,3° sowie ausreichend großen Böschungswinkeln wird dem Navara so schnell vor nichts bange, außer vielleicht dass der lange Randstand die Fahrt über Kuppen etwas einschränkt.

Beim Motor nimmt Dir der Hersteller die große Qual der Wahl ab, es gibt derzeit nur 2,3-Liter Diesel mit 163 bzw. 190 PS. Doch was heißt nur? Der stärkere Biturbo-Motor geht zwar kernig zur Sache, vor allem beim Kaltstart und lässt sich auch viel Zeit mit dem Anspringen und Loskommen, geht dann aber richtig druckvoll ans Werk und unterstützt den Vortrieb mit mächtig Sound, vor allem draußen! Wenn er dann seine normale Temperatur erreicht hat, läuft er recht ruhig, hier und da machen sich aber Vibrationen bemerkbar.

Von 140 kW / 190 PS sowie einem maximalen Drehmoment von 450 Nm kann so mancher Pkw-Fahrer nur träumen, allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass beim Navara ein Gewicht von rund 2 Tonnen zu bewegen sind. Das macht sich dann in einer Topspeed von 184 km/h, trotzdem kann der Japan-Pick-up mit seiner Schubkraft begeistern.

Das gilt dann auch für Fahrten auf der Autobahn, hier zieht er auch bei Tempo 130 noch mit mächtig Druck nach oben, bei 160 nehmen die Windgeräusche stark zu und es wird insgesamt sehr laut im Fahrzeug, bei 130 halten sich die Motorgeräusche noch im Hintergrund. Schön ist vor allem, dass man auf der Autobahn herrlich schaltfaul fahren kann, durch den kraftvollen Motor zieht er auch aus niedrigen Touren heraus prima hoch. 6. Gang geht auch bei Tempo 80 problemlos. Das Schalten ist nämlich eher so ein Kapitel für sich, dazu gleich mehr.

Bleibe ich erst mal noch auf der Autobahn und beim Verbrauch. Bei etwa 130 liegt der bei etwa 9,8 Litern Diesel, und hier zählt praktisch jeder Stundenkilometer, denn wenn man sich mit 120 begnügt, geht der Durchschnittsverbrauch auf 7,6 Liter runter. Und bei Tempo 120 sind dann nicht nur der Verbrauch niedriger sondern auch die Windgeräusche praktisch weg.

Damit bin ich auch schon bei der täglichen Verbrauchsmessung. Witterungsbedingt mit zugeschaltetem Allrad habe ich in meinem gewohnten Mix laut Bordcomputer 8,1 Liter auf 100 km verbraucht – Nachmessen durch Tanken hat dabei noch einen Liter mehr ergeben. Gleiche Strecke mit 2WD ließ die Bordcomputer-Anzeige auf 7,7 Liter sinken, dabei war ich aber vielleicht ein wenig flotter unterwegs. An die Werksangaben von 6,3 Litern bin ich nicht ran gekommen, somit sind auch die CO2-Werte von 167 g/km eher theoretisch, Euro 6 wird aber schon mal erfüllt. Hinzu kommt noch der Verbrauch von AdBlue.

Während die optionale Siebenstufen-Automatik den Navara etwas träge macht, sorgt der Sechsganghandschalter für mächtig Druck, allerdings muss man sich schon etwas anstrengen um exakt zu schalten, die Schaltwege sind lang und nicht gerade exakt und dann braucht man auch etwas Kraft zum Einlegen der Gänge. Neben der straffen Führung fällt auch der starke Holperer über die Leerlaufstellung auf.

Alles andere als ein Raubein ist der Nissan Navara mit Blick auf die Sicherheit. Neben den obligatorischen Sicherheitsgurten und Kopfstützen auf allen Plätzen sowie die sechs Airbags bis hin zu den Kopfairbags vorne gesellt sich sogar ein Knieairbag für den Fahrer, ISOFIX gibt es auf den äußeren Rücksitzen.

Berganfahr-/Berganfahr-Assistent, ABS und ESP gehören ebenso zur Sicherheitsausstattung wie ein autonomer Notbremsassistent, auf einen adaptiven Tempomaten, eine Schildererkennung, Toterwinkel-Warner oder einen Spurhalteassistent muss man derzeit aber noch verzichten.

Los geht der neue Nissan Navara mit dem 163 PS-Motor und der King Cab sowie reinem Heckantrieb bei 26.910,- Euro, als Double Cab mit Allrad und 163 PS sind dann 31.110,- Euro zu veranschlagen.

Mit Double Cab und 190 BiTurbo PS geht es bei 32.960,- Euro los, mein Testwagen in der Ausstattungslinie Tekna beginnt bei 42.005,- Euro, 4×4 inklusive. Darüber steht dann nur noch die Automatikversion mit 43.655,- Euro in der Liste.

Und die Liste der serienmäßigen Ausstattung ist beim Tekna richtig lang, sie beginnt beim 6-Gang-Handschalter mit Stopp-Start-Automatik, geht weiter beim Lichtsensor, elektrisch verstell- und beheizbaren Außenspiegeln, elektrischen Fensterhebern, Außentemperaturanzeige, höhenverstellbarem Fahrersitz mit el. Lordosenstütze, Voll-LED-Scheinwerfern, Glas-Hub-Schiebedach, Lederausstattung, Nissan Connect mit Navi und 3 Jahren kostenlosem Kartenupdate…

… verdunkelten Scheiben ab der B-Säule, Lederlenkrad, 2-Zonen-Klimaautomatik, automatisch abblendendem Innenspiegel, 18 Zöllern und Einparkhilfe hinten, autonomem Notbremsassistenten, Rückfahrkamera sowie dem Optik-Paket mit Dachreling und LED-Licht.

Aus der Aufpreisliste seien an dieser Stelle nur mal die Differenzialsperre für 620,- Euro, die Metallic-Lackierung für 830,- Euro, die Anhängerkupplung für 710,- Euro, die ausziehbare Ladefläche für 1.165,- Euro und die Aluverkleidung der Ladefläche für 1.541,- Euro genannt.

Wartungsintervalle sind alle 2 Jahre oder 30.000 km fällig, die Garantie für den Gewinner des Int. Pick-up AWARD 2016 beträgt 5 Jahre oder 160.000 km.

Stand: Juli 2017; Test und Fotos: CARWALK – Der Autoblog

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