Jeep Wrangler Unlimited– Grenzenlose Freiheit.

Vorweg genommen: „Ich bin sein Fan und ich verzeihe dem Jeep Wrangler all seine Schwächen“! „Schwächen?“ wird jetzt vielleicht der ein oder andere laut aufschreien. Doch auch ein eingefleischter Fan kann nicht bestreiten, der Wrangler ist im Kern in den 1980er Jahren stehen geblieben und konnte der rasanten Entwicklung einfach nicht standhalten. Und so ist dieser Bericht wohl mehr eine Liebeserklärung als ein objektiver Test.

Jeep Wrangler 16 TW 10Die weiche Lenkung, das schwammige Fahrwerk und all die anderen Schwächen möchte ich zwar nicht verheimlichen, doch schon nach nur einem Testtag störe ich mich nicht mehr daran, gehe bereitwillig Kompromisse ein und bringe eine gewisse Leidensfähigkeit mit. Es ist einfach ein Jeep Wrangler, in dem ich hier sitze.

Urtümlich, abenteuerlustig, wandlungsfähig und unverwüstlich wie der einzigartige Jeep Wrangler seit jeher ist, lässt das Urgestein mein Herz höher schlagen. Es ist dieser Charme vergangener Tage, die Reduzierung und der Verzicht auf modernen Schnick-Schnack wie auch die Werte, die mir sehr gut gefallen. So winken mir andere Jeep-Fahrer auf meinen Touren zu oder tauschen mit mir auf dem Parkplatz Anekdoten aus.

Auch ein im Jahr 2007 eingeführter Dieselantrieb oder die serienmäßige elektronische Stabilitätskontrolle ESP konnten das Raubein nicht verweichlichen. Es ist einfach dieses ungebrochene Gefühl von Unabhängigkeit und Freisein, das der Jeep Wrangler als direkter Nachfahre des Ur-Jeeps verkörpert wie kein anderer.

Jeep Wrangler 16 TW 05Und wenn die Optik auch unbestritten in die Jahre gekommen ist, so ist es gerade dieser urige, jeeptypische Auftritt, den ich liebe und der schon beim bloßen Anblick meine Abenteuerlust weckt.

Im kommenden Jahr soll der Jeep Wrangler erstmalig von einer völlig neuen und modernen Version abgelöst werden – ich blicke dieser Entwicklung skeptisch entgegen. Zumindest besteht die Hoffnung, dass der jetzige Wrangler parallel weiter gebaut wird und so genieße ich lieber noch einmal den Ritt mit dem aktuellen Modell.

Einfachheit und Funktionalität soll im Vordergrund stehen, so auch beim abnehmbaren Hardtop, doch gerade bei meinem viertürigen Wrangler Unlimited fällt auf, der Jeep kann auch „schwerfällig“ sein.

Jeep Wrangler 16 TW 15Zwar können die zwei vorderen Paneele des dreiteiligen modularen Freetop Hardtop-System einzeln und unabhängig voneinander, mit nur wenigen Handgriffen und ohne großen Kraftaufwand von mir abgenommen werden, doch einen festen Platz dafür finde ich im Fahrzeug nicht, kann diese aber zumindest im Kofferraum verstauen. Um die Dachteile vor eventuellen und unschönen Kratzern zu schützen, hülle ich sie aber lieber in eine Decke ein.

Ich und mein Co-Pilot kommen jetzt bereits in tollen Open-Air-Genuss und so ist ein kompletter Strip nicht zwingend nötig – außer meine Freunde auf der Rückbank fordern ebenfalls Oben-Ohne-Feeling.

Und die können dann gleich mal mit Hand anlegen. Ist hier nicht nur etwas Geschick und Werkzeug von Nöten, vor allen Dingen Muskelkraft ist notwendig um das große, sperrige und schwere Hardtop ab- und auch wieder aufzubauen. Und dann bleibt immer noch die Frage, wohin mit dem Dach?

Jeep Wrangler 16 TW 01Dass Jeep-Fahrer in diesem Punkt Ideenreichtum beweisen, zeigte ein Gedankenaustausch mit selbigen auf. Hatte einer von ihnen eine besonders clevere Lösung auf Lager … mittels Flaschenzug schafft er nicht nur ganz allein den Strip, zugleich hat das Hardtop seinen Platz an der Garagendecke und ist nicht im Weg, man kann mit dem Wrangler einfach unten drunter herausfahren.

Wer das Hardtop auf welche Art auch immer gelüftet hat, kann den Offenfahrspaß aber noch weiter ausreizen. Lassen sich nicht nur die Türen aushängen, auch die Frontscheibe kann nach vorn umgeklappt werden. Zumindest, wenn man im Gelände unterwegs ist, auf unseren offiziellen Straßen ist das natürlich verboten. Typisch Deutsch! Und so möchte ich mich gar nicht weiter darüber ärgern und steige einfach ein und ziehe los.

Lasse ich kurz vorher noch meinen Blick schweifen, fällt auf, der Jeep Wrangler ist auch innen recht urig, wenn auch die letzten Modellgenerationen stets eine „Modernisierung“ verzeichnen konnten.

Jeep Wrangler 16 TW 08Und so finde ich zwar überraschenderweise in der Instrumenteneinheit einen Bordcomputer vor, der sowohl über die Reichweite, den Durchschnittsverbrauch oder aber den Reifendruck informiert und selbst eine digitale Tachoanzeige in petto hat, doch dessen grobpixelige Darstellung lässt auch dieses Feature keinesfalls wie einen Fremdkörper wirken.

Gleiches gilt auch für das serienmäßige uconnect Multimedia-System inklusive 6,5 Zoll Display, das einerseits das Abspielen der guten alten CD ermöglicht, aber andererseits auch problemlos mit dem Smartphone vernetzt werden kann.

Der Tradition entsprechend, fallen im gesamten Cockpit sichtbar verbaute Sechskant-Inbus-Schrauben ins Auge, wie auch eine Plakette „Jeep, Since 1941“ am Haltegriff für den Beifahrer – die mich an dieser Stelle die Brücke zum großen 75jährigen Jubiläum schlagen lässt.

Jeep Wrangler 16 TW 06Ja, der gute „alte Charme“ bleibt und so wirkt auch die bis dato aktuellste Version nach der Modellpflege ein wenig veraltet, aber das ist in Ordnung.

Dringend eine Überarbeitung notwendig, hätten jedoch die superweichen Sitze. Seitenhalt wie auch eine Lordosenstütze suche ich vergebens und so ist es mit dem Langstreckenkomfort nicht zum Besten bestellt. Aber als wahrer Fan schiebt man die Rückenschmerzen beiseite und beißt die Pobacken zusammen.

Ohnehin, noch schlechter ergeht es den Passagieren auf der Rückbank, diese nimmt zwar bis zu drei Personen auf, doch die kurze Beinauflage und die steil stehende Lehne lädt einfach nicht zum Verweilen ein.

Jeep Wrangler 16 TW 03Durch die Möglichkeit, diese durch einfaches Ziehen an Laschen im Verhältnis 60/40 umzulegen – klappen die Lehnen einfach nach vorn, die Sitzfläche senkt sich automatisch ab und die Kopfstützen klappen nach hinten weg – kann aber andererseits der Laderaum ruck-zuck von 498 auf bis zu stolze 2.320 Liter erweitert werden.

Zugang zum Ladeabteil verschaffe ich mir durch Öffnen des unteren Teils der Heckklappe – die allerdings zur falschen Seite aufschwingt. Um größere Gegenstände einzuladen oder uneingeschränkten Zutritt zu erlangen, kann zusätzlich die Heckscheibe hochgeklappt werden.

So weich wie die Sitze, so weich präsentiert sich auch das Fahrwerk, was bei angepasster Fahrweise einen guten Fahrkomfort ergibt. Und das, obwohl vorne wie hinten Starrachsen und Schraubenfedern zum Einsatz kommen, auf denen ein stabiler Leiterrahmen ruht.

Jeep Wrangler 16 TW 07Sobald ich jedoch eine schnelle Gangart an den Tag lege, fängt die Karosserie an zu schaukeln und der Eiertanz beginnt. Letztlich bremst mich dann auch noch beim Kurvenritt das ESP so vehement herunter, dass ich schnell den ESP-Off-Schalter drücke. Nun geht es laut quietschend und gerne mit dem Heck spielend auch mit höherem Tempo durch die Kehre. Doch auch jetzt bleibt der Jeep Wrangler in manch haariger Situation gutmütig, man darf sich nur nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Auch nicht von der indirekten, gefühllos schwammigen Lenkung ohne jegliche Rückmeldung! Wer das Fahrzeug allerdings nicht all zu oft wechselt, hat sich auch daran im Nu gewöhnt.

Reine Gewöhnung ist auch die schlecht einseh- bzw. abschätzbare Karosserie. So überblickt man zwar von der hohen Sitzposition alles recht gut und auch ein Ende des Hecks kann dank des dort platzierten Reserverades abgeschätzt werden, doch die gut 20 Zentimeter hervorstehende Stoßstange ist einfach nicht einsehbar.

Jeep Wrangler 16 TW 13Zunächst habe ich mir noch Parksensoren gewünscht, doch schnell genießt man die Stille und besinnt sich wieder auf sich. Wenn jetzt noch das nervige Piepen bei aktivierter Zündung und geöffneter Tür wegfallen würde …

Aber was soll´s, jetzt geht es endlich ins Gelände. Und hier kann man dem Jeep Wrangler wirklich nichts vormachen. Selbst Besitzer moderner Offroader mit diversen Assistenten und Hilfen an Bord geraten hier ins Staunen. Während diese noch überlegen, ob sie sich da wirklich durchwühlen wollen, bin ich mit dem Jeep Wrangler schon mittendrin.

Mit einem Böschungswinkel von 31,4° hinten und 38,4° vorne, einer Bodenfreiheit von 257 mm, der Wattiefe von 76 cm und der maximalen Verschränkung ist der Vortrieb und somit die Freiheit schier grenzenlos.

Jeep Wrangler 16 TW 04Der Willi-Enkel zeichnet sich als 2.8 l CRD Rubicon außerdem durch das zuschaltbare Rock-Trac-Allradsystem mit einer 4:1-Geländeuntersetzung, einer Offroad-Kalibrierung des ABS, den sperrbaren Tru-Lok Achsdifferenzialen und dem elektronisch entkoppelbaren Frontstabilisator aus.

Die perfekten Voraussetzungen fürs harte Gelände sind somit gegeben – Ausreden gibt es keine mehr. Jetzt kann es eigentlich nur noch am eigenen Mut scheitern.

Und damit ich in der Botanik auch nicht verloren gehe und jederzeit den sicheren Weg zurück auf die asphaltierte Straße finde, hält das optionale Navigationssystem eine Offroad-Funktion bereit.

Jeep Wrangler 16 TW 14Unter den Fans vertreten einige die Meinung, ein Diesel hat im Jeep Wrangler nichts zu suchen. Natürlich kommt der 2.8 CRD nicht an die Beschleunigungswerte und vor allen Dingen den Sound des 6-Zylinder-Benziners heran, dennoch konnte mich der CRD überzeugen und das letztlich nicht nur wegen seines wesentlich geringeren Verbrauchs.

Während der 3,6 Liter Ottomotor auf 209 kW / 284 PS kommt, leistet der 2,8 Liter Common Rail-Turbodiesel immerhin 147 kW / 200 PS, ist jedoch ein Vierzylinder.

Stets an eine Automatik mit nur fünf Schaltstufen gekoppelt, arbeitet diese recht komfortabel und an sich ausreichend schnell – alles in allem passt diese „eingestaubte“ Getriebeversion recht gut zum Fahrzeug.

Jeep Wrangler 16 TW 11Im Gegensatz zum V6, der 347 Newtonmeter auf die Räder bringt, kann der 2.8 l CRD mit 460 Newtonmetern aufwarten. Das maximale Drehmoment steht nach einem beherzten Tritt ab 1.600 Touren voll an und so geht es dann in 13,5 Sekunden von null auf Tempo 100.

Da es dem Geländegänger rundum an Dämmung fehlt, macht der Selbstzünder aus seinen Bemühungen kein Geheimnis und somit zieht er lautstark aber auch munter weiter. Mit zunehmendem Tempo geht im allerdings mehr und mehr die Luft aus und der Kult-Offroader erreicht bei 172 Stundenkilometern seine Topspeed. Hier liegt der Jeep Wrangler übrigens überraschend gut auf der Straße.

Wer ihm nicht die Sporen gibt, ist sehr gelassen unterwegs und kommt beim Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD locker mit 9,5 Litern aus. Womit ich nur knapp den von Jeep angegebenen Verbrauchswert von 9,1 Litern verpasst habe. Im Alltäglichen sollte man dann aber doch eher mit ein bis zwei Litern mehr rechnen.

Jeep Wrangler 16 TW 12In Stadtverkehr fällt der Unterschied zwischen den beiden Aggregaten übrigens noch deutlicher aus, verbraucht der Sechszylinder hier gut sechs Liter mehr und das bereits auf dem Papier. Auf eine Stop-Start-Automatik verzichten aber beide und wer den Jeep als City-Fahrzeug einsetzt – das passiert tatsächlich! – dann wäre dieses Gimmick doch wünschenswert.

Den technischen Daten entnehmen wir außerdem folgende Werte: innerorts gibt Jeep einen Verbrauch von 10,6 und außerorts von 8,2 Liter an, während der CO2-Ausstoß im Schnitt bei 239 g/km liegt.

Komme ich abschließend zum Kapitel „Kosten/Ausstattung“. Natürlich sind 45.400,- Euro für den von mir gefahrenen Jeep Wrangler Unlimited Rubicon ein ordentliches Sümmchen, für einen eingefleischten Fan aber eine lohnenswerte Investition. Die dann sogar bereitwillig um den ein oder anderen Euro erhöht wird, finde ich das Hardtop, die uconnect Navigation, die Sitzheizung oder z. B. die Lederausstattung erst in der Aufpreisliste.

Jeep Wrangler 16 TW 02Toter-Winkel-Warner, Spurassistent, Notbremsassistent und wie sie alle heißen, die heutigen Assistenzsysteme … finde ich für den Jeep Wrangler auch nicht unter den Extras und suche sie ehrlich gesagt auch nicht.

Ein Gefühl von Sicherheit, auf das man nicht verzichten möchte und beim Jeep Wrangler auch nicht muss, ist die 4-Jahres-Garantie. Die sich aus der regulären 2-jährigen Fahrzeuggarantie und einer Neuwagenanschlussgarantie für weitere zwei Jahre zusammensetzt – stets ohne Kilometerbegrenzung und inklusive europaweiter Mobilitätsgarantie.

Stand: August 2016; Test und Fotos: CARWALK – Der Autoblog

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